Wallfahrt am 24. September 2022 Stop train! Train stops only on request!

Thema: Halt auf Verlangen

 

Wallfahrt nach Tschagguns –  Zug hält nur auf Verlangen!

Eine Wallfahrt im Herbst ist für die Frohbotinnen und für den Verein „Frohbotschaft.Heute“ seit Langem schon eine vertraute Gewohnheit. Reihum sucht dann eine Gruppe ein passendes Ziel und einen Weg dahin. Wenn es letztes Jahr Krumbach im vorderen Bregenzerwald war, so ist heuer das Montafon an der Reihe. Die Gruppe Elija hat im Sommer die Tschaggunser Kirche „Mariä Geburt“ als Ziel gewählt und der Weg sollte von Kaltenbrunnen über das Kloster Gauenstein, an Maria Rast vorbei zur imposanten Kirche von Tschagguns führen. Beim Auskundschaften des Ablaufes fällt uns auf, dass die Montafonerbahn nicht bei allen Haltestellen stehen bleibt, sondern manchmal gebeten werden will anzuhalten, wenn jemand aussteigen möchte. Das bringt uns auf eine Idee:

Haltestellen in meinem Leben

Manchmal huschen die Tage und Wochen rasch wie im Zug dahin und wir fragen uns, wo die Zeit geblieben ist, die wir gelebt aber nicht erlebt haben. Was sind Haltestellen in meinem Leben, wo lohnt es sich eine Pause einzulegen? Und so planen wir beim Gehen viermal eine kurze Rast. Ein erstes Mal gleich nach dem Aussteigen beim Gasthof Kaltenbrunnen, nahe bei der rege befahrenen Montafoner Straße, wo das Leben pulst. Ein erster Besinnungsimpuls sammelt die Gruppe von annähernd zwanzig Frauen und Männern und weist auf das Verlangen in unserer Gesellschaft hin, auf das Haben-Wollen. Jeder glaubt fordern zu können, verlangt nach Lösungen für seine großen und kleinen Probleme. Noch mehr und immer schneller, so sind die Wünsche. Halt auf Verlangen – gibt es da auch ein Verlangen nach Halt?

Unsere eigenen Sehnsüchte

Mit solchen Gedanken wandern wir in den Wald hinein und an einer ruhigen, meditativen Stelle im Wald folgt ein zweites Innehalten. Ein Gedicht von Erich Fried, dem wir mit geschlossenen Augen lauschen, fragt uns nach unseren eigenen Sehnsüchten. Wo gibt es in unserem Leben ein Verlangen nach Halt, eine Suche nach Tragendem und nach Sinn? Wo will ich „Halt“ drücken? Mit diesen Gedanken gehen wir weiter bergauf. Zwischen Bäumen und an übermoosten Steinbrocken vorbei führt uns der Weg zum Kloster Gauenstein.

Was nährt und erdet uns?

Im wunderschönen Garten mit großer Aussicht auf das vordere Montafon fragt uns ein dritter Besinnungstext, was uns Kraft gibt, was uns nährt und erdet. Und weil mitten im Garten ein Brunnen dazu einlädt Wasser zu schöpfen, liegt die Frage nahe, was mir selbst zum Brunnen wird. Schließlich erzählt uns Schwester Maria Theresia, wie ihre Ordensgemeinschaft der Klarissen in Gaues oberhalb von Schruns eine Bleibe gefunden hat, Halt in einem aufopferungsvollen Leben.

Menschen, die an den Knopf nicht herankommen

Dann senkt sich der Weg wieder dem Tal zu und nahe beim derzeitigen Flüchtlingsheim Maria Rast wollen wir daran denken, bei welchen Haltestellen andere Menschen auf den grünen Knopf bei der Tür drücken würden, Menschen, die eine Flucht hinter sich haben, aber auch Frauen und Männer, die in ihrer Verzweiflung keinen sie erlösenden Knopf finden und solche, die an den Knopf nicht herankommen, weil sie sich an den Rand gedrängt wissen. „Ein Schrei steigt auf von der Welt, können wir da schlafen?“

Da wohnt ein Sehnen tief in uns

Jetzt wird es aber Zeit die mächtige Kirche auf der anderen Talseite aufzusuchen, wo wir noch einmal in uns gehen und uns ausdrücklich oder im Stillen fragen, was vom Weg mit den vier Stationen geblieben ist, was meine eigenen Sehnsüchte sind und wo und wann wir „Halt“ drücken möchten oder sollten. Was nehmen wir für das begonnene Arbeitsjahr als einzelne Person und für die Gemeinschaft mit? So bekommt das schöne Lied „Da wohnt ein Sehnen tief in uns“ einen ungewohnt aktuellen Sinn und weil wir uns in einer Marienwallfahrtskirche befinden, bitten wir Maria zum Schluss, ihren Mantel über uns zu breiten. Bevor wir aber die fromme Wanderung im Gasthaus Löwen endgültig ausklingen lassen, erzählt uns die Organistin der Kirche, Frau Barbara Wischenbart vom Werden des Wallfahrtsortes und auch von der abenteuerlichen Geschichte der schönen Orgel mit den abgeschnittenen und wieder angelöteten Pfeifen unter der Decke oben und spielt für uns und Maria zur Ehre ein inniges Ave Maria.                                           

Herbert Gassner